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19.12.2012 08:56
Hollandes heikle Reise in die einstige Kolonie Antworten

18.12.2012 | 18:11 | Von unserem Korrespondenten RUDOLF BALMER (Die Presse)

Als erst dritter französischer Staatspräsident besucht François Hollande das arabische Land und hofft, mit einem Versöhnungsvertrag Geschichte zu schreiben. Doch dabei denkt er auch an lukrative Geschäfte.

Paris. Für François Hollande ist das wohl die bisher heikelste Auslandsreise: Noch vor dem Ablauf des Jubiläumsjahres, in dem Algerien seine vor fünfzig Jahren blutig erkämpfte Unabhängigkeit von Frankreich feiert, wird Frankreichs Staatspräsident heute, Mittwoch, zu einem zweitägigen Besuch in dem nordafrikanischen Land eintreffen. Und jedes seiner Worte, jeder Schritt wird genauestens unter die Lupe genommen werden. Deshalb ist der Besuch minutiös vorbereitet worden. Es ist erst der dritte Staatsbesuch eines französischen Präsidenten seit dem Waffenstillstand von Évian, der den Algerienkrieg am 18.März1962 beendet hat. Doch die Wunden sind noch lange nicht verheilt – wie auch die früheren Besuche der ehemaligen Staatspräsidenten Jacques Chirac im Jahr 2003 und Nicolas Sarkozy im Dezember 2007 bestätigten.


Schuldbekenntnis ist nicht zu erwarten

Hollande sieht seine Reise darum als Versuch, den von seinen Vorgängern eingeleiteten Versöhnungsprozess weiterzuführen. Der Sozialist wünscht sich, die Algerien-Reise in einen persönlichen Erfolg seiner Außenpolitik zu verwandeln. Daher verspricht er seinen Gastgebern eine „Partnerschaft unter Gleichen“. Hollande hofft, dadurch einen Schlussstrich unter die koloniale Vergangenheit ziehen zu können – die aber immerhin die schwierige Beziehung zwischen den beiden Ländern in den vergangenen 130 Jahren geprägt hat. „Die Geschichte muss dazu dienen, unsere gemeinsame Zukunft einfacher zu machen, nicht schwieriger“, lautet die optimistische Botschaft, mit der Hollande nach Algier reist.

Am Donnerstag wird er vor den Vertretern der beiden algerischen Parlamentskammern eine Ansprache halten, in der vom Leiden beider Seiten die Rede sein wird. Ein „mea culpa“ des Franzosen – wie von algerischer Seite immer wieder gewünscht – ist dabei aber nicht zu erwarten.

Ex-Präsident Chirac machte mit einem Gesetz, in dem die positive Rolle des französischen Kolonialismus in Nordafrika gewürdigt wurde, eine Versöhnung unmöglich. Auch Sarkozys Annäherungsversuch scheiterte im Voraus, weil er im Wahlkampf ein mögliches französisches Schuldbekenntnis als „Mode“ abgetan hatte. In Algier verurteilte der konservative Präsident im Dezember 2007 aber dann den Kolonialismus als „zutiefst ungerecht“ und als „Widerspruch zu den Grundwerten der französischen Republik“. Doch seine imposante Eskorte von 150 Wirtschaftsvertretern führte den Algeriern zu deutlich vor Augen, dass das Hauptziel seiner Reise der Aufbau von Handelsbeziehungen war.


Symbolische Gesten und Erdöl-Deals

Auch Hollande möchte diverse bilaterale Verträge mit dem Erdgas-Exporteur Algerien unterzeichnen, zudem soll demnächst eine Renault-Autofabrik bei Oran gebaut werden. Auch sind Verhandlungen mit dem französischen Mineralölunternehmen Total im Gange, das sich im ölreichen arabischen Land lukrative Geschäfte erhofft. Doch der sozialistische Präsident weiß: In der komplizierten Beziehung zwischen Algerien und Frankreich kommt die Politik vor dem Business – zumindest muss er bei seiner Reise diesen Anschein erwecken.

So wird der Präsident entsprechende symbolische Taten setzen. Er wird 520 Kilometer südlich von Algier die Stadt Tlemcen besuchen, die als Zentrum der islamischen Kultur gefeiert wird. In der Stadt ist ein Platz nach Maurice Audin benannt, einem französischen Studenten und pro-algerischen Aktivisten, der während des Kriegs unter französischer Folter gestorben ist. Hollande will den Platz besuchen. Wie Chirac will auch der sozialistische Präsident den Friedhof von Saint-Eugène in Bologhine aufsuchen, wo sowohl christliche als auch jüdische Algerier beigesetzt sind. Zur Vergangenheitsbewältigung gehört auch die Frage, wie die beiden Länder mit den in Frankreich lebenden Familien der „Harkis“ umgehen sollen, jener Algerier, die auf der Seite Frankreichs gekämpft haben und bis heute in ihrer Heimat als Verräter betrachtet werden.

Bei den Unterredungen mit seinem Amtskollegen Bouteflika hofft Hollande, auch von Algerien Unterstützung für die geplante afrikanische Intervention im Norden von Mali zu erhalten. Wenn alles gut geht bei diesem Besuch, soll eine gemeinsame Erklärung der beiden Staaten unterzeichnet werden, die die Versöhnung besiegelt – 50Jahre nach dem Waffenstillstand.

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