Was soll man sagen? 2/3 derWahlberechtigten haben sich enthalten. Man soll das Ergebnis nicht so hochschätzen. Die Algerier sind langsam der Politik überdrüssig! Sie leben von leeren Versprechungen. Die Politiker erhalten nun die Quittung!
dass Algerier apolitisch sind, ist kein Geheimnis. 17 Jahre seit der Eröffnung und der Einführung des Pluralismus; Welche Lehren soll man ziehen? Was hat dieser Freiheitsschwung gebracht? Sind die Algerier mit ihren Politikern zufrieden? Oder hat sich im Grunde nichts geändert? Ich würde sagen, der erste Schritt gen Demokratie hat viele Änderungen mit sich gebracht. Manche haben davon profitieret, andere weniger. Die Kluft scheint, sich zu vergrößern zwischen Politik und Gesellschaft. Es sind immer die GLeichen an der Macht. Die politische Landschaft wird meines Erachtens für lange Zeit so bleiben.
Aus meiner Sicht kann mit Pluralismus in der jetzigen Form in Algerien nicht viel erreichet werden, wenn man die Transparenz nicht als Grundvoraussetzung für die Politik nimmt. Ausserdem soll eine politische Bildung der Bewölkerung z. B. über neutrale Medien auch eingeführt werden. Auch in der Schule könnte man so ein Fach (politische Bildung)anbieten oder in ein anderes Fach integrieren. Was mir seit der Unabhängigkeit 1962 aufgefallen ist, war, dass die meisten Politiker, vor allem Minister, kaum etwas mit dem "Fach", was sie "führen" sollten, zu tun haben. Ich hatte öfter das Gefühl, dass sehr viele und sehr wichtige Entscheidungen aus einem "Bauchgefühl" entstanden sind, und nicht aus wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die meisten Politiker brauchten auch eine sogenannte "historische" Legitimität. Das heisst, sie mussten hauptsächlich nachweisen, dass sie zu einem "Befreiungsblock" gehörten und eine kleine franz.arab. Bildung besitzen. In den Lebenslaüfen der meisten Politiker schien mir keine Fachqualifikation entscheidend für eine " Übernahme" in der Regierung oder in einflussreichen Funktionen zu sein. Natürlich spielte auch offensichtlich das "Sippendenken" eine Rolle.
du hast völlig Recht. Man kann sogar weder von Politik als auch von Politikern reden. Wer ist richtig an seiner Stelle? Kaum jemand ist an seinem Posten richtig. Das größte Problem nicht nur in Algerien sondern in der ganzen sogenannten 3. Welt ist "Vitamin B" und das "Sippendenken". Solange es so verfahren, darf man nichts "Gutes" erwarten! Wie kann man auf Änderungen hoffen, wenn die Mentalität immer die gleiche ist?
ich möchte nicht ausschliessen, dass einige Politiker anständige Absichten haben. Aber ich fürchte nur im Moment, dass es nur um "Krisenintervention" und Ad-hoc Entscheidungen geht. Mir fehlt das Bild eines klaren Konzeptes dahinter, was auch für die Bewölkerung eine klare Struktur und Hoffnung geben kann. Es ist sicher nicht einfach nach einem Bürgerkrieg neu anzufangen, dennoch die Argumente, die sich zu oft auf die Vergangenheit beziehen, lassen auf Dauer eine fehlende Zukunftsvision erkennen. Was Korruption betrifft, du sagst mit Recht, es geht um die ganze dritte Welt und ich würde auch hinzufügen auch die "erste" Welt ist nicht davon verschont, obwohl die Dimension eine andere ist. Natürlich in einer reichen Welt scheint die Versuchung sicherlich kleiner zu sein, oder sie findet eher auf einer anderen Ebene statt. Eine der Gründe (aus meiner Sicht), die dazu führen, dass es zu oft mit, (wie du es nennst Vitamin B), in Algerien "gearbeitet" wird, ist die fehlende Trennung zwischen Privatem und Beruflichem. Es fehlt oft an einem "Arbeitscodex". Präkarität, "Taschengeldlöhne" und zeitlich begrenzte "Arbeitsauträge", auch bei Politikern, bewegen zusätzlich wenig dazu, dass es eine anständige Arbeitsmoral entsteht. Eine Mentalität ändert sich bzw. Verhaltensweisen ändern sich, wenn (als erster Schritt) die richtige "Diagnose" vorhanden ist. Wird eine richtige "Diagnose" gewünscht? das ist eine andere Frage !
oje, man traut sich kaum zu antworten oder was beizutragen,
ich frage mich ehrlich gesagt, ob sich da überhaupt jemals was ändern kann, die die jetzt die macht haben und das geld, werden zwar irgendwann alt und müssen abtreten, aber ich glaube, dass dann die kinder oder andere angehörige (sippendenken) das weiter führen werden. wer vom "normalen volk" hat die bildung, mitzuregieren bzw. wer lässt so jemanden da rein?
Deswegen ist es vielleicht begründet, dass wir uns über Wahlen in Algerien in der "Rubrique" Kaffee..unterhalten. Ich wünsche euch allen eine gute Nacht !
Kurz nach Mitternacht gestern (Bzw. heute), na ja, ich muss noch Energie tanken für meine Arbeit. Ich bin leider am Wochenende unterwegs, wahrscheinlich bis Dienstag. Dass du nicht denkst, dass ich verschwunden bin, falls ich keine Gelegenheit finde, mich zu melden.
Eine Interview von Werner Ruf, emeritierter Professor für Internationale und intergesellschaftliche Beziehungen und Außenpolitik.
"Schaufensterdemokratie" in Algerien'
Das Interview führte Loay Mudhoon, DW-WORLD, 18. Mai 2007
Die Parlamentswahlen in Algerien dienen lediglich dem Machterhalt des Militärs und haben mit der algerischen Realität nichts zu tun, meint Algerien-Experte Werner Ruf im interview mit DW-WORLD.
DW-WORLD: Die Algerier wählen heute ihr Parlament für die kommenden fünf Jahre. Welche Bedeutung haben diese Wahlen für die Machtverhältnisse in Algerien?
Prof. Werner Ruf: Überhaupt keine. Die Algerier haben es mit einem Riesenaufgebot an politischen Parteien zu tun - 24 treten gegeneinander an. Dennoch kümmert sich niemand in Algerien darum. Diese Wahlen haben keine Bedeutung, weil das Parlament bedeutungslos ist. Die Macht liegt offiziell beim Präsidenten, hinter dem die Militärs stehen. Als ehemaliger Außenminister ist Präsident Abdelaziz Bouteflika nur ein im Ausland akzeptiertes Aushängeschild für das algerische Militärregime.
Wie werten Sie die Aufrufe islamistischer Kräfte zum Boykott der Wahlen?
Nicht nur islamistische Parteien haben zum Boykott aufgerufen, sondern auch linkssozialistische Kräfte wie die Berber-Partei FFS. Die größte Mehrheit wird nicht zur Wahl gehen, da an der Bestätigung der bisherigen Regierung aus drei Parteien unter Führung der FLN des Präsidenten Bouteflika kein Zweifel besteht. Es geht hier nicht um Teilnahme und Nichtteilnahme der Islamisten an den Wahlen. Die Präsidenten-Allianz ist eine große Allianz jener, die Macht und Petrodollars untereinander teilen möchten.
Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika wollte einen Neubeginn und die nationale Versöhnung erreichen. Ist er gescheitert?
Man muss sich fragen: Was war das eigentlich für einen Neubeginn? Das neue Gesetz zur nationalen Versöhnung lief nur darauf hinaus, dass die Kriegsverbrecher ohne Verfolgung davon kommen. Vieles ist undurchsichtig geblieben, und die schlimmsten Kriegsverbrechen, die beide Seite im mörderischen Bürgerkrieg begangen haben, blieben ohne juristische Aufarbeitung.
Welche Konsequenzen werden diese Wahlen für das Machtgefüge in Algerien letztendlich haben?
Es wird bald keine Ruhe geben, was die Machthaber relativ wenig kümmert. Denn solange ein Rest Terrorismus im Land existiert, können Sie weiter den Ausnahmezustand aufrechterhalten – und damit jegliches demokratisches Leben im Keim ersticken. Was an Schaufensterdemokratie praktiziert wird, hat mit der Realität nichts zu tun. Algerien schwimmt gerade in Geld. Trotzdem ändert sich am Elend der Bevölkerung kaum etwas.
diese Interview bestätigt eigentlich das, was jeder unparteisch denkender Algerier weiß. Algerien ist momentan in der Lage alles zu "kaufen", was es möchte, nur eine richtige transparente Zukunftsstrategie scheint momentan nicht "käuflich" bzw. (abwesend auf dem algerischen Markt) zu sein. Eine Regierung hat normalerweise unter anderem eine Vorbildfunktion auszuüben und die Rahmenbedingungen für die Bürger, zu schaffen, damit sie sich entwickeln können und sich vom "abweichenden Verhalten" entfernen. Die Regierung in Algerien kommt mir wie Eltern vor, die mit der Erziehung und Versorgung ihrer Kinder bewusst oder unbewusst "überfordert" ist, nicht weil sie keine Mittel hat, sondern weil sie sich mit "anderen Sachen" zu sehr beschäftigt ist. Z.B sie (Eltern = Regierung) den Nachbarn, ehemaligen Feinden, und Verehrern möchte sie zeigen, dass sie das beste Auto besitzen oder sich mit anderen Äusserlichkeiten schmücken oder sie rechnen mit "jemandem" ab. Die Kinder werden vernachlässigt und manchmal sporadisch mit "willkürlichen Geschenken gestillt". Dann Paradoxerweise wundern sich die Eltern (Regierung) später über das "Werden" ihrer Kinder. Dies erklärt teilweise das Verhalten eines( Teils) des Volkes in Algerien, das u.a. für seine angeberische und menschenverachtende Seite bekannt ist. Er (ein Teil des Volkes) hat teilweise die "Verhaltensmuster" seiner Regierenden übernommen, wie Kinder die Verhaltenweisen ihrer Eltern übernehmen. Auf solche Algerier stösst man immer wieder.